Wissenschaft

6. Dezember 2019
Todesfall Tonou-Mbobda: Viele wichtige Fragen bleiben offen

Am 21. April 2019 war William Tonou-Mbobda von Security-Kräften auf dem Gelände des UKE mit Gewalt fixiert worden und einige Tage darauf verstorben. In der gestrigen Sitzung des Wissenschaftsausschusses erklärte Staatsanwalt Mahnke, dass ursächlich für den Tod Mbobdas im strafrechtlichen Sinne das Vorgehen von Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes des UKE in Form eines repressiven Eingriffs gewesen sei. Der 34-jährige Kameruner habe einen Kollaps erlitten, für den die repressive Maßnahme der Security-Mitarbeiter ursächlich gewesen sei. Er habe zudem einen Herzfehler gehabt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Körperverletzung mit Todesfolge gegen drei Sicherheitsdienst-Mitarbeiter und eine Stationsärztin.

„Zu unserem großen Bedauern hat die Selbstbefassung des Wissenschaftsausschusses kaum einen Beitrag zur Aufklärung geleistet“, erklärt Deniz Celik, gesundheitspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft. „Viele wichtige Fragen bleiben auch nach sieben Monaten unbeantwortet. Zum Beispiel ob und wenn ja, weshalb Mbobda entgegen der S3-Leitlinie zur Vermeidung von Zwang und der Empfehlung von Expert_innen mit dem Gesicht nach unten auf den Boden gedrückt und womöglich getreten wurde. Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass das UKE scheinbar keine Konsequenzen aus dem Fall zieht und Securities die Anwendung von Zwang an Patient_innen nicht endlich strikt untersagt.“

Mehrere Zeug_innen hatten gegenüber Rechtsanwältin Heinecke erklärt, dass Mbobda ruhig auf einer Bank vor dem Krankenhaus saß, als er vom Sicherheitsdienst weggezerrt und brutal auf dem Bauch liegend festgehalten wurde. Ihm sei mehrfach mit dem Knie in die Nierengegend gestoßen worden. Drei Menschen hätten auf ihm gesessen, ihm sei der Mund zugehalten worden. Mbobda habe mehrfach gerufen: „Lasst mich los, ich kriege keine Luft mehr.“ „Die weiteren Umstände müssen nun im Ermittlungsverfahren und vor Gericht geklärt werden“, erklärt Martin Dolzer, wissenschaftspolitischer Sprecher der Fraktion. „Fraglich ist unter Anderem, ob und wenn ja warum ein ,lagebedingter Erstickungstod‘ als Todesursache ausgeschlossen werden kann.“

Für die Obduktion war laut Staatsanwalt die Rechtsmedizin des UKE unter Leitung von Prof. Dr. Püschel zuständig, eine Rechtsmedizinerin aus Rostock sei zugeordnet worden. „Wir fragen uns, ob es nicht einen objektiven Interessenskonflikt gibt, wenn bei einem Todesfall federführend ein Forensiker aus dem Haus des Geschehens für die Obduktion verantwortlich ist“, so Celik und Dolzer. Sie fordern eine trialogische Enquete-Kommission, um für die Psychiatrie Rahmenbedingungen zu schaffen, die derartige Tragödien soweit möglich verhindern. Zudem müsse ein Monitoring eingerichtet werden, das Diskriminierung in Psychiatrien systematisch erfasst.


23. Oktober 2019
Wissenschaft lebt von Dialog und von Streit

Der Protest von Studierenden gegen eine Vorlesung des AfD-Gründers Bernd Lucke vergangenen Mittwoch beschäftigt heute auch die Hamburgische Bürgerschaft. „DIE LINKE findet es richtig und wichtig, dass Studierende Lucke auffordern, sich seiner historischen Verantwortung zu stellen“, sagte in der Aktuellen Stunde Martin Dolzer, wissenschaftspolitischer Sprecher der Fraktion. „Sie brachten mit der Kundgebung und den Protesten im Hörsaal ihren Unmut und ihre Sorge zum Ausdruck. Man sollte Lucke nicht verbieten zu lehren. Man sollte jedoch kritischen Studierenden auch nicht verbieten, seine Vorlesungen zu besuchen und ihn mit ihrer Kritik zu konfrontieren. Wissenschaft lebt von freier Meinungsäußerung, von Dialog und auch Streit. Auch Zivilcourage gehört zur Persönlichkeitsentwicklung und an die Hochschulen.“

Bernd Lucke ist der Gründer einer Partei, die für Rassismus und gesellschaftliche Spaltung steht, einen starken völkisch-nationalistischen Flügel hat und für das Erstarken rechtsradikaler Kräfte in Deutschland mitverantwortlich ist. Auch Luckes neue Partei, die „Liberal Konservativen Reformer“ (LKR), hat mehrfach zu den extrem rechten „Merkel muss weg“ Demonstrationen in Hamburg aufgerufen. Auf seiner Homepage stellt der Landesverband Hamburg unter anderem das Grundrecht auf Asyl in Frage und schürt Vorurteile gegen Menschen mit islamischen sowie afrikanischen Wurzeln.

„Das verstößt gegen die Würde des Menschen. Wenn die Studierenden die Losung ,Wehret den Anfängen‘ ernst nehmen und die Lehre eines solchen Akteurs nicht als Normalzustand hinnehmen, ist das lobenswert“, sagte Dolzer. „Statt die Studierenden als totalitär zu diffamieren und Lucke als Opfer zu stilisieren wäre es notwendig, eine sachliche Debatte zu führen und sich intensiver mit der ausgrenzenden Ideologie seiner LKR sowie ihrer Nähe zu anderen rechten Kräften zu beschäftigen.“ 


17. Oktober 2019
Lucke an der Uni: Falsche Lehre

Gestern haben Studierende an der Universität Hamburg gegen eine Vorlesung des AfD-Gründers Bernd Lucke protestiert.  „Bernd Lucke ist der Gründer einer Partei, die für Rassismus und gesellschaftliche Spaltung steht,“ sagt Martin Dolzer, wissenschaftspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft, der bei den Protesten dabei war. „Sie steht im Widerspruch zur Universität als Ort für Wissenschaftsfreiheit und Dialog. Die AfD hat einen starken völkisch nationalistischen Flügel und ist für das Erstarken rechtsradikaler Kräfte in Deutschland mitverantwortlich. Wir begrüßen es, dass Studierende mit einer Kundgebung gegen Luckes Vorlesung demonstriert haben.“

5. Juli 2019
Mehr Geld für die Hochschulen? Nur eine rot-grüne Seifenblase

Vor wenigen Wochen noch hatten sich SPD und Grüne in der Hamburgischen Bürgerschaft für ihren angeblichen Verhandlungserfolg bei den Hochschul-Pakten gefeiert. Jetzt belegt eine Anfrage (Drs. 21/17566) der Fraktion DIE LINKE: Die Hamburger Hochschulen erhalten 2021 bis 2027 auf Grundlage des „Zukunftsvertrags Studium und Lehre stärken“ Bundesmittel von im Schnitt jährlich rund 70 Millionen Euro – und das entspricht lediglich dem bisherigen Niveau des Hochschulpakts III im Durchschnitt der Jahre 2013 bis 2020.

„Einzig die Forschung wird durch die jährliche Dynamisierung der Mittel gestärkt, die Lehre und die Beschäftigten werden wegen der Inflation eher noch schlechter als bisher vom Bund unterstützt“, erklärt der hochschulpolitische Sprecher der Fraktion, Martin Dolzer. „SPD und Grüne hatten vollmundig eine Mehrfinanzierung durch den Bund und darauf aufbauend Verbesserungen in der Lehre und den Beschäftigungsverhältnissen an den Hochschulen angekündigt. Wie sich jetzt zeigt, war das mal wieder nur eine Seifenblase.“


4. Juli 2019
Prekäre Lehre an Hamburgs Hochschulen

Mehr als 20 Prozent der Lehre an Hamburgs Hochschulen wird durch prekär beschäftigte Lehrbeauftragte sichergestellt, an der Hochschule für Musik und Theater sogar 30 Prozent. Wie eine Große Anfrage (Drs. 21/17376) der Fraktion DIE LINKE ergibt, wurden im Wintersemester 2018/19 an den Hochschulen und am Uniklinikum Eppendorf insgesamt 2.560 Lehraufträge vergeben – eigentlich sollten sie nur eine Ausnahme sein. Besonders auffällig ist dabei, dass 97 Prozent der Lehraufträge an der Universität Hamburg mehr als sechs Lehrveranstaltungsstunden umfassen. Und das, obwohl die Vergabe von Lehraufträgen von über vier Stunden eine Ausnahmegenehmigung vorsieht. Alle anderen Hochschulen vergeben in der Regel Aufträge von bis zu vier Lehrveranstaltungsstunden.

„Lehrbeauftragte sollen mehr Praxisbezug in die Hochschulen bringen und das Angebot ergänzen, das ist in einigen Bereichen sinnvoll“, erklärt Martin Dolzer, hochschulpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft. „Sie sollten aber nicht regelhaft als kostengünstige Alternative eingesetzt werden, um die grundständige Lehre abzudecken. Vor allem sollten Hochschulen nicht länger Ort prekärer Arbeitsbedingungen sein.“

Denn trotz wissenschaftlicher Qualifikation arbeitet die Mehrheit der Lehrbeauftragten zu Stundensätzen von 30 bis 60 Euro, von denen noch die vollen Sozialversicherungsbeiträge abgehen. Dazu kommt unbezahlte Mehrarbeit zur Vor- und Nachbereitung, Urlaubsgeld oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gibt es dagegen nicht. „Die Wissenschaftssenatorin muss endlich eine ausreichende Finanzierung der Hochschulen sichern, um diese Missstände überwindbar zu machen“, so Dolzer. „Alles andere ist einer selbsterklärten Wissenschaftsmetropole nicht würdig. Exzellenz fängt nicht erst im Leuchtturm an.“


28. Juni 2019
Hamburger Fraunhofer-Forschung fürs Klima – und fürs Militär?

Die Forschung am Fraunhofer-Center für Maritime Logistik (CML) soll dazu beitragen, Schiffe umweltfreundlicher und den Handel klimafreundlicher zu gestalten. „Das ist ein gutes Ziel – ob es auch so erreicht wird und wie das der Hansestadt zugutekommt, ist allerdings fraglich: Die Fraunhofer Institute behalten Patente in ihren Forschungsverbünden oder geben sie an beteiligte Unternehmen. Bund und Länder, die das finanzieren, gucken meist in die Röhre“, erklärt Martin Dolzer, wissenschaftspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft. „Und noch wichtiger: Wir können nur hoffen, dass nicht unter dem Deckmantel dieser neuen Initiative auch militärisch nutzbare Forschung im Rahmen von Dual Use betrieben wird.“

Zwar gibt es an den Hamburger Fraunhofer-Standorten laut Eigendeklaration bisher lediglich zivile Forschung. „Im Ausschuss wollte die Wissenschaftsbehörde auf unsere Nachfrage aber nicht ausschließen, dass die Ergebnisse des CML auch militärisch genutzt werden“, so Dolzer. „Dieses Risiko ist real: Zum Beispiel arbeitet Aptomar, ein norwegischer Forschungspartner am CML-Schiffsdrohnen-Projekt MUNIN, direkt mit der Rüstungsindustrie zusammen. Und auch an zukünftigen Projekten des CML sind in der Rüstung aktive Unternehmen und Institutionen beteiligt.“

Einen Antrag der Fraktion DIE LINKE, die weitergehende Zusammenarbeit und Förderung der in Hamburg ansässigen Fraunhofer-Institute von einer Zivilklausel abhängig zu machen und so militärische Forschung zumindest nicht zu unterstützen, hatten SPD und Grüne vor zwei Jahren abgelehnt.


07. Dezember 2018
Investitionen in studentische Infrastruktur: Ein Tropfen auf dem heißen Stein

Der Hamburger Senat hat für den Haushalt 2019/2020 Investitionen in die studentische Infrastruktur angekündigt. „DIE LINKE steht für eine Wissenschaftsmetropole in sozialer und gesellschaftlicher Verantwortung. Deshalb fordern wir mit unseren Anträgen zum Haushalt eine bessere Grundfinanzierung der Hochschulen, den Ausbau der Friedensforschung und mehr Geld für das Studierendenwerk. Die von Rot-Grün im Haushaltsplan zusätzlich geplanten Mittel sind dagegen lediglich ein Tropfen auf dem heißen Stein. Prekäre Lebens- und Arbeitsverhältnisse von Studierenden und Hochschulmitgliedern bleiben so absehbar der triste Alltag“, kritisiert Martin Dolzer, wissenschaftspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft.
Die Grundzuweisungen für das Studierendenwerk lägen mit 1,55 Millionen Euro in 2018 und einer für den Doppelhaushalt 2019/20 jährlichen Steigerung von 100.000 Euro (anstatt wie bisher vom Senat angedacht 50.000 Euro) immer noch weit unter dem Bundesdurchschnitt. So würden, wenn es hoch kommt, die zu erwartenden Tarif- und Kostensteigerungen abgedeckt. „Wir fordern dagegen, die Grundzuweisungen an das Studierendenwerk Hamburg an den Bundesdurchschnitt von 8,7 Prozent der Förderung aus Landesmitteln anzugleichen und die Zuweisungen an das Studierendenwerk 2019 um 1.370.000 Euro und 2020 um 1.365.000 Euro aufzustocken. Zweckgebunden sollen zudem für die Jahre 2019 und 2020 25 Millionen Euro für die Planung und Bezuschussung eines Neubaus des Studierendenwerks Hamburg mit 500 Wohnheimplätzen eingestellt werden. Unsere Forderungen umzusetzen wäre ein erster Schritt zu mehr Bildungsgerechtigkeit, “ erklärt Dolzer.
Der Senat finanziert im Bereich der Wissenschaft zwar einige Leuchttürme mit hohen, mehrstelligen Millionenbeträgen. In Bezug auf die Grundfinanzierung führe das Sparprogramm des Senats jedoch in die Sackgasse. „Mit den von uns für den Haushalt veranschlagten zusätzlichen Mitteln von rund 24 Millionen Euro im Jahr für die Grundfinanzierung der Hochschulen könnte das vorhandene strukturelle Defizit abgemildert werden,“ sagt Dolzer. „Eine verlässlichere Grundfinanzierung würde zudem Spielräume zur inhaltlichen Weiterentwicklung der Hochschulen schaffen, grundmittelfinanzierte Stellen generieren und Übergänge von befristeten Drittmittelstellen in reguläre Beschäftigung ermöglichen.“
Unsere Anträge zur Finanzierung von Hochschulen und studentischer Infrastruktur:

                        28. Juni 2018

Universität wirft „sicherheitshalber“ befristete Beschäftigte raus

 



Die Universität Hamburg hat die Verträge mehrerer wissenschaftlich Beschäftigter auf befristeten Drittmittelstellen nicht verlängert, obwohl die Finanzierung gesichert ist – um zu verhindern, dass die Beschäftigten ihren rechtlichen Anspruch auf eine Entfristung geltend machen könnten. Das belegt die Antwort des Senats auf eine Anfrage der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft (Drs. 21/13368)

Demnach sei keine Weiterbeschäftigung erfolgt, „da keine rechtssichere Befristungsmöglichkeit mehr bestand“. Derzeit sind mehr als tausend Beschäftigungsverhältnisse an der Universität Hamburg ausschließlich durch so genannte Drittmittel finanziert, also durch Mittel beispielsweise des Bundes, der Privatwirtschaft oder von Stiftungen.

„Statt die Beschäftigung zu entfristen, werden die Betroffenen einfach ,sicherheitshalber‘ nicht weiterbeschäftigt“, kritisiert Martin Dolzer, wissenschaftspolitischer Sprecher der Fraktion. „Um die Qualität der Forschung zu gewährleisten, ist aber auch die Kontinuität von Beschäftigungsverhältnissen wichtig. Die derzeit angewandte Praxis geht zulasten der Planungssicherheit der Projekte wie auch der daran beteiligten Mitarbeitenden – geschuldet ist sie der eklatanten Unterfinanzierung der Hochschulen. Für eine Stadt, die SPD und Grüne gerade ständig als Wissenschaftsstadt anpreisen, ist das eine Schande.“




 6.  Dezember 2017

Leuchtturmpolitik ersetzt kein wissenschaftliches Konzept!


Zu den Plänen des Senats, Hamburg zu einer Wissenschaftsmetropole zu machen, erklärt Martin Dolzer, wissenschaftspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft: „Wirklich innovativ wäre die Umkehr von der unternehmerischen Hochschule zu einer Hochschule in gesellschaftlicher Verantwortung. Eine neoliberale Politik der Leuchttürme ersetzt aber noch kein klares wissenschaftliches Konzept!“

Die Liste der Missstände an den Hamburger Hochschulen ist lang: Schlechte Betreuungsverhältnisse, unterbezahlte Lehraufträge, schlechte Arbeitsbedingungen für wissenschaftliche Mitarbeiter_innen, befristete Beschäftigungsverhältnisse, mangelnder Zugriff auf Forschungsergebnisse, zu wenig Studienplätze und die viel zu hohe Drittmittelabhängigkeit in der Forschung seien nur einige brennende Probleme, so Dolzer. „Anstatt den Zugang zur Spitzenforschung oder zu Masterstudiengängen immer exklusiver zu gestalten, wäre eine Demokratisierung der Hochschulen und eine gezielte Förderung auch der bisher vernachlässigten sozial- und geisteswissenschaftlichen Bereiche nötig. So könnte das interdisziplinäre Grundniveau der Hochschulbildung angehoben werden“, erklärt Dolzer. 

Und weiter:„Statt den aussichtslosen Wettlauf um die größte Wirtschaftsmetropole zu forcieren, sollte der Senat die interdisziplinäre Ausrichtung der Wissenschaft stärken – denn Hochschulen spielen eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung einer Gesellschaft, in der Menschen respektvoll und konstruktiv zusammenleben.“



Fraunhofer-Strategie – Ausschließlich zivil forschen

Das Petitum des Antrags „Fraunhofer-Strategie vertiefen – Den Forschungs- und Innovationsstandort Hamburg stärken“ ist in Punkt 1. sehr unspezifisch und lässt vollkommen offen, mit welcher Ausrichtung die Strategie für die Weiterentwicklung des Fraunhofer-Standorts Hamburg betrieben werden soll. In Punkt 2. des Petitums wird als ein Schwerpunkt die Weiterentwicklung der Materialforschung genannt. Dies ist ein typischer Bereich des „Dual Use“ zwischen ziviler und militärischer Forschung. Ab 1954 entstanden die ersten eigenen Fraunhofer Institute, ab 1956 auch solche, die eng mit dem Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) zusammenarbeiten.

zum Antrag


17. April 2018

Kürzungen in der Sozialökonomie: Senat riskiert mehr Studienabbrüche

Studierende haben heute den Fachbereich Sozialökonomie (die ehemalige HWP) auf dem Campus der Universität Hamburg besetzt. „Dieser Protest gegen die Unterfinanzierung der Hochschulen und damit verbundene Budgetkürzungen ist gerechtfertigt, wir sind solidarisch mit den Forderungen und der Aktion der Studierenden“, erklärt dazu Martin Dolzer, wissenschaftspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft. „Durch die eklatante Unterfinanzierung der Hochschulen sind immer wieder Fachbereiche oder auch wichtige Angebote in den einzelnen Studiengängen in Gefahr. Die aktuell in der Sozialökonomie geplanten Budgetkürzungen um rund zwei Drittel bei Orientierungseinheiten sind verheerend. Kürzt der Senat diese Einführung in das Studium durch fachkundige Studierende weg, riskiert er die Steigerung der Abrecher_innenquote um ein Vielfaches.“
Es sei zynisch, nun gerade in der ohnehin seit langem von negativen Umwandlungen und Kürzungen geplagten Sozialökonomie auf diese Weise zu kürzen, so Dolzer: „Der Senat muss endlich umdenken. Anstatt immer mehr Geld in die als exzellent gefeierten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) und in Kooperationen mit Partnern wie der Fraunhofer-Stiftung, die sehr stark auf zivil-militärische Forschung orientiert, zu stecken, muss er endlich auch in die Lehre investieren. Es darf nicht so weiter gehen, dass Studiengänge, Fachbereiche und Fakultäten um zu knappe Ressourcen streiten müssen, weil der Senat seine gesellschaftliche Verantwortung nicht wahrnimmt.“



8. November 2017

SPD und Grüne fahren Hamburgs Hochschulen jubelnd in die Sackgasse

Wissenschaft und Forschung hat die SPD zum Thema der ersten drei Debatten der heutigen Sitzung der Hamburgischen Bürgerschaft gemacht. „Es ist ein sich jede Plenarsitzung wiederholendes Ritual, dass sich die Regierungsfraktionen mit immer wieder den gleichen Themen und Exzellenzprojekten als große Förderer von Wissenschaft und Forschung präsentieren“, erklärt dazu Martin Dolzer, wissenschaftspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. „Wissenschaftspolitik beschränkt sich bei SPD und Grünen darauf, sich mit Symbolpolitik und Forschungsfixierung selbst zu beweihräuchern. Dabei gibt es jede Menge konkreter Probleme, die Senatorin Fegebank endlich angehen müsste, zum Beispiel die chronische Unterfinanzierung der Hochschulen, die mangelhafte Umsetzung des Code of Conduct zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen an den Hochschulen, die mangelnde Beteiligung der Hochschulgremien an Entscheidungen oder die sinkende Qualität der Lehre. Aber dazu fehlt dem Senat das Verantwortungsbewusstsein und so fährt er die Hamburger Wissenschaftspolitik jubelnd immer tiefer in die Sackgasse.“


Aus dem Programm zur Bürgerschaftswahl:

Kritische Wissenschaft und
emanzipatorische Bildung in demokratischen Hochschulen 

Die Hochschulpolitik der letzten Jahre ist bestimmt durch die Ideologie der
»unternehmerischen Hochschule«, orientiert an kurzfristigen Verwertungsinteressen statt am Allgemeinwohl. Ein konsequenter Bruch mit dieser Politik ist durch die folgenden Veränderungsprozesse notwendig: Demokratie statt Hierarchie, rationale und kooperative Entscheidungsprozesse statt Marktmechanismen und solidarisches Lernen statt restriktives Pauken.

Im Rahmen dieses positiven Wandels ist bereits Erhebliches durch außerparlamentarische Bewegung und Opposition in den Hochschulen erreicht worden: Studiengebühren sind weitgehend abgeschafft, die marktorientierten Bologna-Studiengänge werden in Richtung einer Rückkehr zur Bildung kritischer Subjekte reformiert, milde Demokratisierungen konnten für ein neues Hochschulgesetz erkämpft werden. Noch hält der SPD-Senat jedoch handelskammerfromm fest an der neoliberalen Politik seiner Vorgänger, z.B. mit der Beharrung auf Hochschulräten unter Einbezug von Wirtschaftslobbyisten oder der Verschärfung leistungsideologischer Exmatrikulationsregelungen. Dagegen kämpft DIE LINKE gemeinsam mit kritischen Aktiven aus den Hochschulen und Gewerkschaften für gesellschaftlich verantwortungsvolle Wissenschaften und die Bildung mündiger Menschen. 


Dies beinhaltet die folgenden Forderungen:

  • Es muss eine erweiterte Demokratisierung an den Hochschulen erfolgen,
    u.a. bei den Wahlverfahren sowie durch die Abschaffung von Hochschulräten
    sowie von Ziel- und Leistungsvereinbarungen.
  • Alle Einengungen im Studium müssen beseitigt werden, u.a. durch einen selektionsfreien Übergang vom Bachelor- zum Masterstudiengang und durch die Abschaffung von Zwangsexmatrikulationen.
  • Es ist eine Zivilklausel einzuführen, in welcher das friedliche Zusammenleben der Menschen statt eines kapitalismusorientierten betriebswirtschaftlichen Kalküls als Leitbild gilt.
  • Es muss eine bedarfsdeckende staatliche Finanzierung der Hochschulen erfolgen, auch, um die Wissenschaften aus ihrer inhaltlichen Abhängigkeit von privaten Drittmittelgebern zu befreien.
  • Es ist ein nachfrageorientierter Ausbau der Studienplätze an allen öffentlichen Hochschulen in Gang zu setzen, sodass eine soziale Öffnung der Hochschulbildung für alle interessierten Menschen mit und ohne Abitur möglich wird. Eine bedarfsdeckende, elternunabhängige staatliche Ausbildungsfinanzierung ist unabdingbar